mercredi 28 octobre 2015

Adolphe Monod und Louis Vallette



Louis Vallette (1800-1872)

Jean Louis André Vallette wurde am 24. Mai 1800 in Chêne-Bougeries, einem Schweizer Dorf an der Grenze zu Savoyen, geboren. Er verlor verlor seinen Vater sehr früh. Die Genfer Familie Boissier-Butini, in der er als Privatlehrer unterkam, unterstützte ihn in seinen Studien. Während seines Theologiestudiums in Genf befreundete er sich mit Antoine Vermeil (1799-1864), dem Gründer des Diakonissenwerks, aber auch mit Frédéric, Billy und Adolphe Monod. (1)


Wir sind im Besitz mehrerer Briefe von Adolphe Monod, in denen er von Louis Vallette spricht; andere sind an ihn selbst gerichtet. Der Ton dieser Briefe ist sehr vertraulich; Adolphe ist seinem Freund gegenüber sehr offen und berichtet ihm von seinen Schwierigkeiten und Kämpfen.

In seinem Brief vom 24. Oktober 1824 erwähnt Monod eine Predigt von Vallette, die letzterem Kopfzerbrechen bereitet zu haben scheint. Monod drückt auch sein Bedauern aus, daß Vallette nicht die Bekanntschaft von Thomas Erskine gemacht habe und erzählt ihm von einem englischen Autor, den er zu lesen gedenkt. (2)

Im Brief vom 24. September 1825, den Adolphe Monod nach seiner Abreise nach Paris geschrieben hat, lädt er seinen Freund ein, sich heterodoxe Gedanken zu erlauben, um nicht „orthodox aus Vorurteil“ zu werden. Er beschreibt ihm sein Studienprogramm und bringt die Schwierigkeiten, denen er im Römerbrief begegnet, zum Ausdruck. Monod spricht auch von der Schweiz und nennt sich den „heimatlosen Adolphe“. (3)

Ab 1825 ist Adolphe Monod ist Pastor der französischsprachigen Kirche von Neapel, aber er sucht schon bald nach einem Nachfolger. Er findet ihn in der Person von Louis Vallette. In seinem Brief vom 15. März 1827 schreibt Monod, der zu diesem Zeitpunkt noch Pastor in Neapel ist, an seine Schwester Adèle:
„Ich habe meinen Nachfolger noch nicht gefunden. Vallette, mein Freund und Studienkamerad, hat mir angeboten, meine Stelle zu übernehmen. So groß mein Wunsch ist, meine Freiheit wiederzugewinnen, so kann ich ihn doch nicht ermuntern, bevor ich nicht Herrn Cellérier dazu befragt habe.“ (4)
In seinem Brief an seine Eltern vom 23. Mai 1827 erwähnt er ebenfalls seinen Briefwechsel mit Louis Vallette: „ ... Ich habe euch gesagt, daß ich am 15. Mai an Vallette geschrieben habe. Ich erwarte seine Antwort zwischen dem 10. und dem 12. Juni. ...“ Zu diesem Zeitpunkt scheint klar gewesen zu sein, daß Vallette ihn ersetzen würde, denn Monod schreibt:
„Ich kann euch nicht sagen, wie glücklich ich bin, Neapel zu verlassen. Ich werde zugleich ein angenehmes Gefühl und ein gutes Gewissen haben. Falls Vallette nicht im Juli kommen kann, falls ich bis zum November warten muß, oder vielleicht sogar darüber hinaus – oh mein Gott, ich wage nicht daran zu denken!
Und dennoch, wenn Gott, der über der Zeit steht und der eine Seele berühren kann, egal ob in ein paar Tagen, ein paar Wochen, oder ein paar Monaten, wenn er will, daß mich ich in der kurzen Zeit, die mich von meiner Abreise trennt, zum Evangelium bekehre, sodaß ich es von ganzem Herzen glauben und in diesem Glauben das einzig Notwendige sehen kann, dann wäre es vielleicht besser, daß ich in Neapel bleibe, denn meine Leute sind mir sehr verbunden und zeigen es mir anläßlich meiner baldigen Abreise, und zwar auf eine Art, die Reue in mir aufkommen lassen könnte, wenn ich sie bereuen könnte. Aber diese Vermutung ist wenig wahrscheinlich, und da darüber hinaus mein Interesse mehr dem Lehramt gilt und weniger der Kanzel, glaube ich, daß ich Vallette auf jeden Fall kommen ließe. Wir werden sehen. Verlieren wir uns nicht in Mutmaßungen. Möge Gott euch segnen und mich führen!“ (5)
In einer Notiz vom 17. Juni 1827 erwähnt Adolphe Monod einen Brief, den er wenige Tage zuvor an Louis Vallette gesandt hatte und in dem er erklärt, er habe die Absicht, sich „in das Studium der Geschichte Italiens und der italienischen Sprache zu stürzen“. (6)
Wie geplant, ersetzte Louis Vallette im Oktober 1827 Adolphe Monod als Pastor von Neapel, und blieb dort bis 1841. Sein Nachfolger Tissot sagt von ihm:
„Wenn man auch Adolphe Monod als den Gründer unserer Gemeinde ansehen muß, so war es nicht er, der sie organisierte. Er war nur vorübergehend bei uns und tat uns Gutes, so wie der Meister. Der wirkliche Organisator aber war ein Mann, der weniger glänzte, der aber ebenso verdient war: Louis Vallette.“ (7)
Adolphe Monod erhielt den Kontakt mit seinem Nachfolger aufrecht, wie zwei Briefe aus seiner Zeit als Pastor in Lyon belegen. Der Ton ist sehr freundschaftlich, zumal die zwei Freunde jetzt ein weiteres gemeinsames Interesse hatten: die Gemeindemitglieder von Neapel.

In seinem Brief vom 3. September 1828 entschuldigt sich Adolphe Monod dafür, so lange mit seiner Antwort auf Vallettes Briefe zugewartet zu haben. Er befragt seinen Freund über die Notwendigkeit der Orthodoxie für die Frömmigkeit; er drückt seine Furcht aus, „der Theologie und der Metaphysik zu verfallen, für welche ich eine unwiderstehliche Neigung besitze“ und fragt ihn um Rat. Im zweiten Teil des Briefs erkundigt sich Monod nach verschiedenen Mitgliedern der Kirche von Neapel. (8)

In seinem Brief vom 18. August 1829 informiert Monod Vallette von seiner Heirat mit Hannah Honyman (1799-1868) und erzählt ihm von den wachsenden Schwierigkeiten mit dem Konsistorium von Lyon, das ihn zum Rücktritt aufgefordert hat. (9)

Gegen 1836, nach der Abreise seines Kollegen Christian Friedrich Bellermann, wurde Louis Vallette „trotz seiner Schweizer Abstammung“ (10) zum Titularkaplan der Kirche von Neapel ernannt. Seine Tätigkeiten waren weit gestreut: neben seiner Arbeit als Pastor perfektionierte Louis Vallette sein Hebräisch mit einem jüdischen Gelehrten, wurde freiwilliger Militärgeistlicher der Schweizer Regimente, baute ein örtliches „Konsistorium“ auf, gründete eine Schule für Buben und eine andere für Mädchen sowie ein Internat ... (11)

Im Jahr 1836 heiratete Louis Vallette Pauline Appia (1815-1889), die älteste Schwester des zukünftigen Pastors Georges Appia (1827-1910). Letzterer erinnerte sich folgendermaßen an dieses Ereignis:
„Ich war ungefähr neun Jahre alt als der Pastor Louis Vallette aus Neapel kam. Es dauerte nicht lange, und er verliebte sich in meine älteste Schwester Pauline. Als er mich frage, ob ich ihm meine Schwester geben wolle, antwortete ich ihm, daß ich ihm lieber mein Eichhörnchen geben würde. Wir sprachen nicht mehr darüber. Binnen drei Wochen verlobten sie sich, heirateten und fuhren ab, denn da die Cholera in Neapel ausgebrochen war, wollte der Pastor seine Gemeinde nicht im Stich lassen. Dieser Grund, die Förmlichkeiten zu beschleunigen, hatte die Ratsmitglieder der Kirche von Frankfurt schwer beeindruckt.“ (12)
Vor Ort erkrankte Louis Vallette in der Tat selbst an der Cholera. (13)

Im Jahr 1837 verkündigte er das Evangelium in Messina; aus dieser Arbeit ging eine französische evangelische Gemeinde in dieser Stadt hervor. (14)

Selbst als Adolphe Monod in Montauban lehrte, korrespondierten die beiden Männer noch von Zeit zu Zeit.

In seinem Brief vom 10. Juli 1839 antwortet Adolphe Monod auf einen Brief von Louis Vallette in dem dieser die Möglichkeit einer Abreise von Neapel erwähnt zu haben scheint. Adolphe Monod rät ihm, auf einen klaren Ruf Gottes zu warten und nicht aktiv zu werden, außer im Gebet: „Alles was Sie zu tun haben ist warten und beten.“ (15)

In einem Brief vom 12. März 1840 schreibt Monod an Vallette:
„Ich nütze die Gelegenheit, Sie an mich zu erinnern und Sie um Neuigkeiten der Kirche zu bitten. Gedeiht das Werk des Herrn in Ihrer Wüste? Ach, grüßen Sie meine alten Freunde in Neapel von mir, all die, die sich an meinen für mich unvergeßlichen Aufenthalt unter ihnen erinnern können. Insbesondere bitte ich Sie, meine guten Freunde Comte sehr herzlich zu grüßen. Ich fürchte, Sie werden meine Stille als Undankbarkeit verstehen, und trotzdem, mein Herz ist nicht undankbar. Aber der Strom der Beschäftigungen zieht mich mit, und ich habe fast keine Zeit für Briefwechsel, es sei denn, für berufliche Dinge. Erzählen Sie mir von M.C., von seiner Frau und ihrem Adoptivkind, grüßen Sie die Meuricoffre (16), die beiden Autran, die Audras, usw., usw. Alles, was Sie mir mitteilen können, würde mich sehr freuen. Sprichwörter 25.25 (17). Wie oft wünsche ich mir, Neapel vor meinem Tod wiederzusehen! ...“ (18)

Es handelt sich dabei um die letzte Spur des Briefwechsels zwischen den beiden Männern in unserem Besitz.
Im Jahr 1841 erhielt Louis Vallette einen Ruf zum Pastor an der (lutheranischen) Billettes-Kirche in Paris, wo auch Louis Meyer (1809-1867) wirkte. Tissot erwähnt, daß Louis Vallette „nach Paris berufen wurde, nachdem die Herzogin von Orléans, die ihn zu ihrem persönlichen Seelsorger erkoren hatte, diesen Wunsch zum Ausdruck gebracht hatte“ (19). Es handelt sich dabei um Helene zu Mecklenburg-Schwerin (1814-1858), die Schwiegertochter des Königs Louis-Philippe. (20)

Da Adolphe Monod 1847 ebenso einen Ruf nach Paris angenommen hatte, ist davon auszugehen, daß die beiden Männer oft Gelegenheit hatten, einander in der Hauptstadt zu treffen.

Louis Vallette ist Begründer der lutheranischen Mission Intérieure und arbeitete an vielen Evangelisations-, Hilfs- und Rettungswerken und auch in der Soldatenseelsorge mit. Es war Louis Vallette, der 1854 eine Spendenaktion ins Leben rief, damit die protestantischen Soldaten von Seelsorgern derselben Konfession begleitet werden konnten. (21)

Als Adolphe Monod 1856 im Sterben lag, war Louis Vallette unter denen, die ihn begleiteten. Die Sammlung Les adieux nennt die Pastoren, die die letzten Gottesdienste, die um den Sterbenden organsiert wurden, leiten: „die Herren Frédéric Monod, Guillaume Monod, Meyer, Grandpierre, Gauthey, Vaurigaud (de Nantes), Vallette, Armand-Delille, Vermeil, Fisch, Jean Monod, Edmond de Pressensé, Petit, Paumier, Zipperlen, Hocart, Louis Vernes, Boissonnas und Vulliet.“ (22)

Sein Kollege Antoine Vermeil, auch ein Freund von Adolphe Monod, ließ ihn von Anfang an am neugegründeten Werk der Diakonissen teilhaben. Anfangs Stellvertreter von Vermeil, wurde Louis Vallette schon bald Vizepräsident des Vorstands (1842-1864) und danach der direkte Nachfolger von Vermeil als Präsident (1864-1872) (23). 

Louis Vallette starb am 20. Oktober 1872; seine letzten Worte waren: „Alles in Ihm, alles für Ihn, alles durch Ihn!“ (24)

Louis Vallette hat mehrere Kinder gehabt: Charles (1837-1842), Marie Emma (1839-1910), Wilhelmine Charlotte Emma (1840-1880), Oscar (1843-1883 ; assistierender Pastor in Basel), Cécile Anne (1845-1912) und Charlotte (1847-1922).

Seine Tochter Marie hat William Monod (1834-1916), den einzigen Sohn von Adolphe Monod geheiratet. Eine der Töchter von Marie, Madeleine Monod (1874-1963) hat den Latinisten Paul Vallette (1872-1953), den ältesten Sohn von Oscar Vallette (also ihren Cousin) geheiratet.

Der Zweig Vallette der Familie Monod besteht bis heute.

Quellen:
  • Sarah Monod, Adolphe Monod, I. Souvenirs de sa vie. Extraits de sa correspondance, Paris, Librairie Fischbacher, 1885, 479 p. Eine teilweise deutsche Übersetzung liegt vor : Max Reichard, Adolph Adolphe Monod. Lebens-Erinnerungen und Briefe, Calw und Stuttgart, Verlag der Vereinsbuchhandlung, 1887, 354 p.
  • Sarah Monod, Adolphe Monod, II. Choix de lettres à sa famille et à ses amis, Paris, Librairie Fischbacher, 1885, 514 p. Zur deutschen Übersetzung, siehe vorhergehenden Eintrag.
  • Les adieux d’Adolphe Monod à ses amis et à l’Eglise, Meyrueis, Paris, 1856, 191 p. Mehrere deutsche Übersetzungen liegen vor, z.B. Band 8 der Ausgewählten Schriften, Adolf Adolphe Monod’s Abschiedsworte an seine Freunde und an die Kirche, Velhagen & Klasing, 1862, 155 p.
  • Frédéric Tissot, Notice historique sur l’Eglise évangélique française de Naples, Lausanne, 1892, 48 p.
  • Gustave Lagny, Le réveil de 1830 à Paris et les origines des diaconesses de Reuilly, Paris, Association des diaconesses, 1958, 195 p. (neu herausgegeben im Jahr 2007 von den Editions Olivetan)
  • André Encrevé, Protestants français au milieu du XIXe siècle, Genf, Labor et Fides, 1986, 1121 p.

Fußnoten

(1) Gustave Lagny, Le Réveil, p. 73
(2) Sarah Monod, Souvenirs, p. 51
(3) Sarah Monod, Souvenirs, p. 72
(4) Sarah Monod, Souvenirs, p. 110. Die Hervorhebung ist von uns.
(5) Sarah Monod, Souvenirs, p. 112
(6) Sarah Monod, Souvenirs, p. 99
(7) F. Tissot, Notice historique, p. 32
(8) Sarah Monod, Correspondance, p. 32-37
(9) Sarah Monod, Souvenirs, p. 159
(10) F. Tissot, Notice historique, p. 34
(11) F. Tissot, Notice historique, p. 35-37
(12) Georges Appia, pasteur et professeur en Italie et à Paris, 1827-1910. Souvenirs réunis par sa famille. Tome premier, Paris, Flammarion, s.d., p. 33s
(13) F. Tissot, Notice historique, p. 37
(14) F. Tissot, Notice historique, p. 33
(15) Sarah Monod, Correspondance, p. 265s
(16) Die Meuricoffre (Mörikofer) sind eine schweizerisch-neapolitanische Familie von Bankern. Oscar Meuricoffre (1824-1880) war 1846 Sekretär des Schweizerischen Konsuls in Neapel und kümmerte sich besonders um die Schweizer Soldaten, die in der Stadt stationiert waren. Er war Konsul von Frankfurt in Neapel (1855) und übernahm mit seinem Bruder die Bank und das Geschäftshaus der Familie (1856). Als Generalagent der Schweiz in Neapel (1858) kümmerte er sich um die Auflösung der dortigen Schweizer Regimente. Vgl. den Eintrag zu seinem Namen im Dictionnaire historique de la Suisse.
(17) Kühles Wasser für eine durstige Seele / ist eine gute Nachricht aus fernem Land.
(18) Sarah Monod, Souvenirs, p. 123
(19) F. Tissot, Notice historique, p. 37
(20) Gustave Lagny, Le réveil, p. 73
(21) Encrevé, Protestants, p. 564s
(22) Les adieux, p. III. Die Hervorhebung ist von uns.
(23) Gustave Lagny, Le réveil, p. 74
(24) Gustave Lagny, Le réveil, p. 73 

Auch auf meiner Adolphe-Monod-Website veröffentlicht (hier).

Aucun commentaire:

Enregistrer un commentaire